14 August 2014

Crystal und die NPD

In Sachsen ist Landtagswahlkampf und die grenzüberschreitende Kriminalität insbesondere die Crystal schwemme aus Tschechien ist hier ein großes Thema. Keine Partei die dazu keine Aussage in ihrem Wahlprogramm hat, selbst auf Wahlplakaten findet man einschlägige Kampfansagen gegen Dealer und Crystal. Besonders beeindruckend finde ich die “Weg mit dem Crystal-Dreck” Plakate der NPD. Die immerhin im sächsischen Landtag mit einer Fraktion vertretenen Partei, am rechten politischen Rand, stellt sich als Crystal-Gegner Nummer eins dar. Eine Position die in ihrer Anhängerschaft seit Jahren nur mangelhaft reflektiert wird. Ich behaupte sogar, nirgends hat die Droge Crystal mehr Anhänger als im rechten Spektrum. 

Im Mai 2011 wird im mittelsächsischen Oschatz der Obdachlose André K. (50) von einer als rechts geltenden Gruppe so brutal zusammengeschlagen das er stirbt. Im Prozess macht ein mutmaßlicher Täter, mildernde Umstände geltend: Er habe während des Vorfalls unter Crystal-Einfluss gestanden. Im November 2012 wird in Hoyerswerda Ralf A. der Frontsänger der Band Bollwerk, die vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird wegen Crystalhandel im großen Stil festgenommen. Im März 2013, endet in Leipzig der Prozess gegen eine Gruppe von Drogenhändlern aus dem nordsächsischen Delitzsch. Bei den drei Verdächtigen wurde Crystal im Wert von 40.000 Euro sichergestellt. Die Behörden zählen die Angeklagten zur gewaltbereiten rechten Szene, einer der Männer war sogar Stadtratskandidat für die NPD. 

Es sind aber nicht diese Schlagzeilen der vergangenen Jahre die mich glauben lassen das sich hier der Bock als Gärtner verkleidet. Vielmehr sind es meine zahlreichen Begegnungen mit Crystal-Usern die sich selber als “rechts” dargestellt bzw. bezeichnet haben. Doch eine Überraschung ist das freilich nicht. Es waren die Nationalsozialisten die damals für die erste große Verbreitung von Methamphetaminen in Deutschland sorgten. Damals noch unter Pervitin bekannt, sollte diese Droge im 2. Weltkrieg zum großen Sieg führen. (siehe Nazidroge Pervitin). Heute soll der vorgetäuschte Kampf gegen Crystal den rechten zum Sieg bei der sächsischen Landtagswahl 2014 verhelfen. Darauf reinfallen werden nur die dummen Wähler. 

Etwas positives hat die NPD Kampagne trotzdem. Ein frisch aus einer Entzugsklinink entlassener NPD Anhänger erklärte mir vor kurzem, das er nun kein Crystal mehr konsumieren möchte, weil die NPD das auch so auf ihren Wahlplakaten fordert. Na immerhin. 

Quellen: Zeit.de, SZ-online 

Foto: NPD Plakat in Dresden, fotografiet am 14.08.2014

05 August 2014

Justiz macht Drogenpolitik

Im vergangenen Monat stellte die Justiz wieder einmal maßgeblich die Weichen in der Drogenpolitik. In zwei Entscheidungen, die so auch zu erwarten waren, zeigen erneut Gerichte die Versäumnisse der Politik auf. In beiden Fällen wäre in meinen Augen genug Zeit gewesen klare Rechtsgrundlagen zu schaffen, zumal zu beiden Themen bereits seit längeren diskutiert wurde. Doch so gaben Bundesregierung und deren Drogenbeauftragte das Heft des Handels mal wieder an die Justiz ab.




Fall 1- Legal Highs:

Es war ohnehin nur eine Krücke mit der die Strafverfolgungsbehörden den Herstellern und Vertreibern von Legal Highs hinterhergehumpelt sind. Aber auch diese ist jetzt zerbrochen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat zu einem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anhängigen Verfahren Stellung genommen: Er entschied, gemäß der EU-Arzneimittelrichtlinie seien Legal Highs keine Arzneien, und somit nicht als Verkauf bedenklicher Arzneien strafbar. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass "der Vertrieb der fraglichen Stoffe jeder Strafverfolgung entzogen" sein könnte. Denn der Handel mit Legal Highs die keine Substanzen enthielten die bereits dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, wurde bisher mit hilfe des Arzneimittelgesetz (AMG) bekämpft. (siehe Blogeintrag Betäubungsmittelrecht). 


Die höchsten EU-Richter argumentierten, ein Arzneimittel müsse der Gesundheit "unmittelbar oder mittelbar zuträglich" sein. Davon könne bei Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden keine Rede sein. Die Tatsache, dass ein Stoff die Funktion des Körpers beeinflusse, reiche nach dem auch in Deutschland geltenden EU-Recht nicht aus, um als Arzneimittel eingestuft zu werden. Die Legal Highs würden "nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungszwecken" konsumiert. Sie seien als gesundheitsschädlich anzusehen und somit keine Arzneimittel. Mit dem Urteil wurde das AMG für die Strafverfolgung von Handel mit Drogen die nicht im BtMG erfasst sind disqualifiziert. Das betrifft nicht nur “Kräutermischungen” sondern u.a. auch Substanzen die als K.o. Tropfen Verwendung finden. 

Fall 2 - Cannabis als Medizin

Das Verwaltungsgericht Köln hat in drei von fünf Verfahren den Klägern Recht gegeben, die gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Genehmigung erstreiten wollten, Cannabis für den Eigenkonsum zu therapeutischen Zwecken selbst anzubauen. Alle Kläger leiden unter chronischen Schmerzen und besitzen eine Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabisblüten. Sie möchten die zu therapeutischen Zwecken notwendige Menge an Cannabis selbst anbauen und verarbeiten, da sie die Kosten für den Erwerb des Cannabis nicht aufbringen können und die Kosten in ihren Fällen auch nicht von den Krankenversicherungen übernommen werden. Ihre Anträge auf Zulassung des eigenen Anbau von Cannabis hatte das BfArM jedoch abgelehnt. Die gegen die Ablehnung gerichteten Klagen hatten in drei Fällen überwiegend Erfolg. 

Zur Begründung wies das Gericht nochmals darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Eigenanbaus in jedem Fall eingehend und individuell zu prüfen seien. In drei Verfahren seien diese Voraussetzungen gegeben, insbesondere könne beim Anbau in den Wohnungen ein Zugriff Dritter auf die Pflanzen und Produkte hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In den beiden abgelehnten Fällen war einmal die Wohnsituation des Klägers nicht ausreichend um das Cannabis vor Unbefugten sicher anzubauen, im anderen Fall wurden noch nicht alle zumutbaren Behandlungsalternativen ausgeschöpft.

Während letzter Fall einfach nur peinlich für die Politik ist weil erst Gerichte schwer kranken Menschen einen bezahlbaren Zugang zu einer ihr helfenden Substanz ebnen müssen, könnte aus dem Urteil des EuGH noch ein richtiges Problem werden. Legal Highs und K.o.-Tropfen waren ohnehin auf dem Vormarsch aber bisher konnte man wenigstens den Händlern auf die Finger klopfen. Das hat sich aber erstmal erledigt. Bis das BtMG erweitert oder eine ganz neue Rechtsgrundlage geschaffen wird kann es dauern. Bis dahin können windige Geschäftemacher jede Menge Geld damit verdienen, völlig unberechenbare psychoaktive Gifte zu verscherbeln.

Foto: © davis - Fotolia.com
Quellen: Zeit.de und Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Köln