05 August 2014

Justiz macht Drogenpolitik

Im vergangenen Monat stellte die Justiz wieder einmal maßgeblich die Weichen in der Drogenpolitik. In zwei Entscheidungen, die so auch zu erwarten waren, zeigen erneut Gerichte die Versäumnisse der Politik auf. In beiden Fällen wäre in meinen Augen genug Zeit gewesen klare Rechtsgrundlagen zu schaffen, zumal zu beiden Themen bereits seit längeren diskutiert wurde. Doch so gaben Bundesregierung und deren Drogenbeauftragte das Heft des Handels mal wieder an die Justiz ab.




Fall 1- Legal Highs:

Es war ohnehin nur eine Krücke mit der die Strafverfolgungsbehörden den Herstellern und Vertreibern von Legal Highs hinterhergehumpelt sind. Aber auch diese ist jetzt zerbrochen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat zu einem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anhängigen Verfahren Stellung genommen: Er entschied, gemäß der EU-Arzneimittelrichtlinie seien Legal Highs keine Arzneien, und somit nicht als Verkauf bedenklicher Arzneien strafbar. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass "der Vertrieb der fraglichen Stoffe jeder Strafverfolgung entzogen" sein könnte. Denn der Handel mit Legal Highs die keine Substanzen enthielten die bereits dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, wurde bisher mit hilfe des Arzneimittelgesetz (AMG) bekämpft. (siehe Blogeintrag Betäubungsmittelrecht). 


Die höchsten EU-Richter argumentierten, ein Arzneimittel müsse der Gesundheit "unmittelbar oder mittelbar zuträglich" sein. Davon könne bei Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden keine Rede sein. Die Tatsache, dass ein Stoff die Funktion des Körpers beeinflusse, reiche nach dem auch in Deutschland geltenden EU-Recht nicht aus, um als Arzneimittel eingestuft zu werden. Die Legal Highs würden "nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungszwecken" konsumiert. Sie seien als gesundheitsschädlich anzusehen und somit keine Arzneimittel. Mit dem Urteil wurde das AMG für die Strafverfolgung von Handel mit Drogen die nicht im BtMG erfasst sind disqualifiziert. Das betrifft nicht nur “Kräutermischungen” sondern u.a. auch Substanzen die als K.o. Tropfen Verwendung finden. 

Fall 2 - Cannabis als Medizin

Das Verwaltungsgericht Köln hat in drei von fünf Verfahren den Klägern Recht gegeben, die gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Genehmigung erstreiten wollten, Cannabis für den Eigenkonsum zu therapeutischen Zwecken selbst anzubauen. Alle Kläger leiden unter chronischen Schmerzen und besitzen eine Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabisblüten. Sie möchten die zu therapeutischen Zwecken notwendige Menge an Cannabis selbst anbauen und verarbeiten, da sie die Kosten für den Erwerb des Cannabis nicht aufbringen können und die Kosten in ihren Fällen auch nicht von den Krankenversicherungen übernommen werden. Ihre Anträge auf Zulassung des eigenen Anbau von Cannabis hatte das BfArM jedoch abgelehnt. Die gegen die Ablehnung gerichteten Klagen hatten in drei Fällen überwiegend Erfolg. 

Zur Begründung wies das Gericht nochmals darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Eigenanbaus in jedem Fall eingehend und individuell zu prüfen seien. In drei Verfahren seien diese Voraussetzungen gegeben, insbesondere könne beim Anbau in den Wohnungen ein Zugriff Dritter auf die Pflanzen und Produkte hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In den beiden abgelehnten Fällen war einmal die Wohnsituation des Klägers nicht ausreichend um das Cannabis vor Unbefugten sicher anzubauen, im anderen Fall wurden noch nicht alle zumutbaren Behandlungsalternativen ausgeschöpft.

Während letzter Fall einfach nur peinlich für die Politik ist weil erst Gerichte schwer kranken Menschen einen bezahlbaren Zugang zu einer ihr helfenden Substanz ebnen müssen, könnte aus dem Urteil des EuGH noch ein richtiges Problem werden. Legal Highs und K.o.-Tropfen waren ohnehin auf dem Vormarsch aber bisher konnte man wenigstens den Händlern auf die Finger klopfen. Das hat sich aber erstmal erledigt. Bis das BtMG erweitert oder eine ganz neue Rechtsgrundlage geschaffen wird kann es dauern. Bis dahin können windige Geschäftemacher jede Menge Geld damit verdienen, völlig unberechenbare psychoaktive Gifte zu verscherbeln.

Foto: © davis - Fotolia.com
Quellen: Zeit.de und Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Köln


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