26 Dezember 2012

Drogenjahr 2012

Der Jahresrückblick 2012 zu den Themen Drogen und Sucht.

Januar:
Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven fordert die Abschaffung von Raucherpausen. Qualmen soll nur noch in der Mittagspause und nach Feierabend erlaubt sein. Raucherpausen seien für die Firmen teuer und der Arbeitsablauf in den Betrieben werde durch häufige Unterbrechungen gestört. In den folgenden Tagen wird das Thema in den Medien heftigst diskutiert.

Am 16. Januar starb Pflegekind Chantal († 11) aus Hamburg-Wilhelmsburg an einer Methadon-Vergiftung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen die Pflegeeltern, die heroinsüchtige Sylvia L. (47) und ihren vorbestraften Lebensgefährten Wolfgang A. (51), wegen fahrlässiger Tötung. Auch die Hamburger Sozialbehörden müssen sich Fragen lassen wie sie das Kind in die Obhut diese Leute geben konnten. Die Diskussion zieht sich bis in den Februar.


Februar:
Die Bundesregierung stellt ihre neue Drogenstrategie vor. Diese umfasst sowohl illegale als auch legale Drogen. Auch die Problemfelder Medikamentenabhängikeit, Glücksspiel- und Internetsucht wurden integriert. Die Strategie möchte an den vier Punkten Prävention, Hilfen zum Ausstieg, Schadensreduzierung und Repression, ansetzen.



März:
US-Forscher der University of California veröffentlichen im Fachmagazin „Science“ eine Studie wonach sexuell zufriedene Fruchtfliegen-Männchen deutlich weniger Alkohol trinken. Sex aktiviert ebenso wie Alkohol das Belohnungszentrum im Gehirn. Bei der Untersuchung wurden im Labor männliche Fruchtfliegen mit weiblichen zusammengebracht, die sich zuvor bereits gepaart hatten. Die Weibchen hatten folglich kein Interesse mehr an Sex und wiesen die Männchen zurück. Ließen die Wissenschaftler den frustrierten Fliegen-Männchen anschließend die Wahl zwischen normalem und ethanolhaltigem Futter, stürzten sie sich auf den Alkohol.

April:
Holywoodlegende Steven Seagal (59, „Alarmstufe Rot“; „Killing Point“) jagt neuerdings auch im wahren Leben Verbrecher. Seit Oktober 2011 patrouilliert Seagal für 11 Euro pro Stunde als Hilfssheriff durch die Wüste von Texas. Er ist hier auf der Suche nach illegalen Einwanderern und Schmugglern. Jetzt gelang ihm sein erster großer Coup: Der Action-Held schnappte an der amerikanisch-mexikanischen Grenze drei Drogen-Dealer, die 250 Kilo (Wert: 190 000 Euro)  Marihuana schmuggelten.

Elektronische Zigaretten sind kein Arzneimittel und dürfen deshalb vorerst weiter verkauft werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Geklagt hatten ein Hersteller und ein Vertreiber von elektronischen Zigaretten. Sie reagierten mit der Klage auf eine Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, das in zwei Fällen E-Zigaretten als Arzneimittel zur Raucherentwöhnung eingestuft hatte. Damit hätten die Verdampfer einer strengen Zulassung bedurft. Das Gericht erklärte: Nikotin könne zwar ein Arzneistoff sein. Bei den fraglichen E-Zigaretten gehe es aber nicht um Entwöhnung, sondern darum, das Verlangen nach Nikotin zu befriedigen.

Mai:
In Miami (Florida) erschießt ein Polizist einen nackten Kannibalen der seinem Opfer mehrmals ins Gesicht biss. Das Opfer ist ein Obdachloser, der Kannibale steht unter Einfluss eines “Legal-Highs” in Badesalzform. Die “Zomiedroge” erhällt kurz darauf den Namen “Cloud Nine”.  

Juni:
Das  mexikanischen Militär vermeldet einen dicken Fisch gefangen zu haben. Jesus Alfredo Guzmán, der Sohn des wichtigsten Drogenbosses soll nach elf Jahren Flucht festgenommen wurden sein. Bei der Festnahme hätte er und ein weiteres Mitglied des berüchtigten Sinaloa-Kartells einen Granatwerfer, vier Granaten, Sturmgewehre und 135 000 US-Dollar dabei gehabt. Einen Tag später muss die Behörde zurück rudern. So handelt es sich bei dem Festgenommen nur um Beltran Leon. Nach Angaben der US-Antidrogenbehörde DEA ist dieser ein ranghoher Untergebener des Jesus Alfredo Guzmán.


Juli:
Am 26. Juli 2012 werden mit der 26. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften 28 neue psychoaktive Substanzen verboten. Bei den nun unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellten synthetischen Stoffen handelt es sich unter anderem um Derivate des Amphetamins und Kokains. Das sind chemische Abwandlungen bekannter Stoffe, die bereits vorher dem BtMG unterlagen und als so genannte “Legal Highs” verkauft wurden.

August:
In Berlin musste ein 32-jähriger Bus-Fahrer seinen Führerschein abgeben weil er unter Kokaineinfluss gefahren war. Ein Fahrgast der Buslinie X83 im Stadtteil Lankwitz hatte die Polizei alarmiert. Der Fahrer hatte zwei rote Ampeln ignoriert und einen Radfahrer abgedrängt. Die Polizei stoppte den Bus, der Drogentest war positiv.

September:
In Tschechien sterben mindestens 26 Menschen an mit giftigen Alkohol Methanol gestreckten Schnaps. Dieser führt in hoher Dosis zu Vergiftungen bis hin zu Erblindung oder Tod. Auch in Polen wurde der Tod eines Mannes an einer Methanol-Vergiftung bestätigt. Er soll Schnaps aus Tschechien getrunken haben. Der Verkauf von Spirituosen wird in Tschechien über Wochen verboten und später nur unter Einschränkungen wieder frei gegeben. Die mutmaßlichen Hersteller des gefährlichen Gemischs konnten unterdessen gefasst werden.

Oktober:
Mitte Oktober findet die belgische Polizei hat in einem Schiffscontainer voller Bananen über acht Tonnen Kokain, mit einem Marktwert von mehr als einer halben Milliarde Euro. Der Container kam aus Ecuador  und ist im Hafen von Antwerpen entdeckt worden. Es handelt sich um den zweitgrößten bisher in Europa verzeichneten Kokainfund und um den größten in der Geschichte Belgiens.

Der Vize-Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Martin Lindner (48)  testet in Benjamin von Stuckrad-Barres Fernsehshow (TELE 5) einen Joint. Als ihm in der aufgezeichneten Sendung „Stuckrad-Barre“ vom Moderator Marihuana angeboten wurde, roch er daran und bezweifelte zunächst die Echtheit. Aus Nichtraucherschutzgründen verließen dann Stuckrad-Barre und Lindner spontan das Studio, um an der frischen Luft den Test zu machen. Nach einem langen Zug nickte der FDP-Mann anerkennend: "Echt!" Die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans, ebenfalls in der FDP, kritisierte Lindners Verhalten als „falsches Signal“.

November:
In Nürnberg wird ein Denkmal für die Drogentoten der Stadt eingeweiht. Zusammen mit einem Geistlichen enthüllte der städtische Drogenbeauftragte im Innenhof der St. Klara-Kirche eine Metallskulptur. Den Anstoß dazu gab die Drogenberatungsstelle Mudra. Mit der Skulptur des Eckentaler Metallbildhauers Stefan Vogel erhielten Angehörige und Freunde von Drogentoten endlich einen dauerhaften Ort der Trauer, sagte Mudra-Geschäftsführer Bertram Wehner. Ein solches Denkmal ist meines Wissens nach in Deutschland einzigartig.

Dezember:
In der ARD Talkshow "Beckmann" äußert sich Campino von "Die Toten Hosen zum Thema Drogenkonsum: Da würde ich sagen: Ihr müsst aufpassen, dass ihr die Lebensinhalte nicht verpennt. Aber es geht nicht nur ums Kiffen, sondern auch um die Flasche Bier, die einfach in der Jugend nichts zu suchen hat." Auch seinen Sohn wolle er von Drogen fernhalten. "Ich würde ihm natürlich strengstens verbieten zu kiffen, wenn er nicht volljährig ist", sagte Campino. "Wir können alle nicht verhindern, dass junge Leute irgendwann damit konfrontiert werden. Aber wir können sie darauf vorbereiten, und da kann ich ihm meine Erfahrungen mitgeben."

Quellen: Bild.de / Süddeutsche.de / Hamburger Abendblatt / Drogenguide.de


13 Dezember 2012

"Plain Packing" Einheitszigarette für Europa


Nach Informationen der "Welt" plant die EU-Kommission strenge Regeln für die Tabakindustrie. Nach den Plänen von Gesundheitskommissar John Dalli soll in Europa Schritt für Schritt auf das so genannte "Plain Packing" bei Zigaretten bzw. Tabakprodukten eingefüht werden. Das bedeutet ein Verbot sämtlicher Logos, Bilder und eigener Schriftzüge. "Plain Paking" soll die unterschiedlichen Zigarettenmarken ununterscheidbar machen, sozusagen die Einheitszigarette für Europa.

Im aktuellen Entwurf sind zunächst folgende Reglungen angedacht:

Verpackung:
  • einheitlich Packungsgrößen  mit einem "rechteckigen Zuschnitt mit gleicher Breite und Tiefe ohne abgerundete Ecken oder sonstigen Unterscheidungsmerkmalen
  • die Konstruktion der Packung soll so reguliert werden dass Warnhinweise nicht weggeklappt werden können
  • Verbot von Werbeaussagen wie "natürlich" oder "biologisch" auf der Packung
  • Platz für Warnhinweise soll von 30 auf 75% vergrösserte werden
  • nur 10 bis 20 % der Packung soll den Herstellern zur freien Gestaltung zur Verfügung stehen


Zigaretten:
  • Zigaretten verschiedener Marken sollen einheitliche Größe, Durchmesser und Papier in weißer Farbe erhalten
  • Verbot von Zusatzstoffe wie etwa Menthol, Vitaminen, Koffein, Taurin die für "charakteristischen Geschmack" sorgen
  • Zigaretten sollen nicht mehr als 10 mg Teer und 1 mg Nikotin enthalten dürfen


Die geplanten Änderungen lassen nicht nur extra dünne Slim- und Menthol- Zigaretten sowie Kork-Optik gehaltene Filterummantelungen verschwinden. Auch das Marketing für die unterschiedlichen Tabakprodukte wird erschwert, weil am Ende alle ähnlich aussehen. Dazu sind auch noch Verkaufsbeschränkungen geplant. So sollen in Geschäften nur noch eine Zigarettensorte pro Marke ausgestellt werden dürfen. Heute bieten Hersteller noch zahlreiche Varianten einer Marke an.


In den kommenden Tagen soll der Entwurf den anderen EU-Kommissaren zur Stellungnahme zugeleitet werden. Im Anschluss muss das Europaparlament und die EU-Mitgliedsstaaten darüber beraten. Besonders die Gesundheitminister aus Großbritannien und Frankreich, in denen heute schon strengere Regeln gelten, drängen auf eine schnelle Umsetzung.


Trotz zahlreicher, bereits bestehender Werbeeinschränkungen gibt Tabakindustrie zig Millionen für Marketing aus. Geld welches eine giftig bis tödliche Raucherkultur in Europa am Leben erhält. Auch wenn der Weg zum "Plain Paking" noch weit ist, es ist genau der richtige.


Foto: © fuzzbones - Fotolia.com

01 Dezember 2012

Welt-Aids-Tag 2012

Der Weltaidstag sollte eigentlich kein Grund mehr sein einen Beitrag in einem Drogenblog zu verfassen. Zumindest in den westlichen Industrienationen wurde das Problem von Aidsinfektion unter Drogenabhängigen durch Spritzentauschprogramme erfolgreich bekämpft. Kein Junky muss sich seine Nadel mehr mit einem anderen Teilen, die Gefahr einer Infektionsübertragung ist somit gebannt. Eigentlich ein Paradebeispiel wie positiv niedrigschwellige Drogenhilfe wirken kann. 

In Zeiten knapper Kassen werden aber selbst solche Erfolgsmodelle auf den Prüfstand gestellt. Drogenabhängige haben kaum eine Lobby, hier den Rotstift anzusetzen ist für manche Politiker sicher verlockend.

Ich bin wirklich kein Freund davon Drogenabhängigen ein rundumsorglos Paket zu schnüren, damit sie sich allein auf die Beschaffung ihres Stoffes konzentrieren können. Ihnen aber sterile Spritzen zur Verfügung zu stellen ist ein meinem Augen ein Gesundheitpolitisches MUSS. Das Beispiel Russland zeigt wie gefährlich es ist injizierende Drogenabhänige sich selbst zu überlassen. Die Zahl der Menschen mit HIV hat sich dort zwischen 2001 und 2011 von rund 970.000 auf 1,4 Millionen erhöht. Die Dunkelziffer könnte noch deutlich darüber liegen.
Der Kampf gegen Aids hat sicher viele Fronten, die der injizierenden Drogenabhänigen darf nicht vergessen werden.

Foto: © greenpapillon - Fotolia.com