24 Mai 2013

Freigrenze für Cannabis

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), immerhin der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, hatte in dieser Woche eine einen neuen Richtwert für eine bundesweite Straffreiheitsgrenze für Cannabis ins Gespräch gebracht. Gleich war von einer “Freigrenze für Cannabis” die Rede. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wandte sich in der Tageszeitung "Welt" gleich gegen jegliche Aufweichung der Straffreiheit bei Cannabis-Besitz: "Wir haben in Bayern eine konsequente Linie gegen illegale Drogen." Viele hofften wohl auf eine Legalisierungsdebatte, doch die wird wohl ausbleiben.

Der Besitz von Cannabis, auch in geringsten Mengen für den Eigenbedarf, ist in ganz Deutschland eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz. Das heißt, wer mit auch nur einen Gramm  Haschisch oder Marihuana in der Tasche angetroffen wird bekommt eine Anzeige und sein Cannabis weggenommen. Erst der Staatsanwalt stellt das Verfahren ein, wenn das sichergestellte Cannabis die Grenze der "geringen Menge" nicht überschreitet. Die Grenze dieser “geringen Menge", welche fälschlicher Weise gere als "Freimenge" oder “Freigrenze” bezeichnet wird, ist in den Bundesländern unterschiedlich hoch. In Bayern liegt sie bei 6 Gramm, in NRW bei 10 Gramm und in Berlin bei bis zu 16 Gramm. Eine Verfahrensweise die einem Rechtsstaat eigentlich unwürdig ist. Tatsächlich wäre hier eine Vereinheitlichung zu begrüssen.

Eine Legalisierung von Cannabis-Besitz bis zu einer bestimmten Grenzmenge ist hingegen nicht zu erwarten, auch wenn das sicher einigen vorschwebt wenn sie “Freigrenze” hören. Vor 20 Jahren konnte man Cannabis vielleicht noch als weiche Droge bezeichnen und eine Legalisierung wäre vertretbar gewesen. Moderne Züchtungsmethoden haben aber aus der Hanfpflanze eine hoch potente Rauschpflanze gemacht. Hier eine echte "Freigrenze" einzuführen wäre ein fatales Signal, welches in Deutschland nicht nur das "Aroma der Luft" nachhaltig beeinflussen würde. Straffrei bedeutet also auch weiterhin nicht gleich legal.



16 Mai 2013

wer ist BOB

Junge Menschen wollen Party machen und Alkohol trinken. Das war schon immer so und wird so bleiben, egal was irgend ein kritischer Blogger davon hält. Prävention in diesem Bereich kann und muss aber den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol fördern. Dazu gehört auch das sich in einer Gruppe die gemeinsam feiern will, jemand bereit erklärt nüchtern zu bleiben und seine “Peergroup” als Fahrzeugführer sich durch die Nacht zu bringen. Hier setzt das Präventionsprojekt “BOB” an.

BOB wurde 1995 in Belgien konzipiert, wobei die Buchstaben an sich keine tiefere Bedeutung haben. Als einfacher und einprägsamer Name in Verbindung mit einem knallig-gelben Schlüsselanhänger erobert das Präventionsprojekt seit 2009 auch Deutschland. Im Kern vermittelt das Projekt das der Fahrer (BOB) eben nicht "der Dumme" ist sondern der Verantwortung für die Gruppe übernimmt indem er ohne Alkohol zu trinken mit feiert. Auch wenn es keine direkte Eingrenzung des Alters gibt, setzt es seinen Schwerpunkt bei den jungen Fahrern im Alter von 18 bis 24 Jahren. Um die Popularität von BOB zu steigern, erhält er von vielen Partnern Vergünstigungen wie ein Gratis Drink. Natürlich alkoholfrei. Ziel ist dabei immer das Verhalten freiwillig und nachhaltig zu verändern.

Neben dem Saarland indem BOB vor vier Jahren zuerst eingeführt wurde, sind noch Rheinland Pfalz, Hessen, Thüringen und Bayern an dem mittlerweile gegründeten, bundesweiten Netzwerk beteiligt. Allerdings gibt es BOBmäßig in den nördlichen Bundesländern noch Nachholbedarf. Denn das BOB wirkt hat eine wissenschaftliche Studie der Uni Gießen für das Polizeipräsidium Mittelhessen bewiesen. Die Unfallzahlen gingen im Vergleich zu anderen Regionen um 44 Prozent zurück. Wenn das BOB-Netzwerk die angedachte Entwicklung einer Handy-App und die Einbeziehung sozialer Netzwerke umsetzt steht einen weitern BOB-Siegeszug in Deutschland nichts im Weg.

http://www.aktion-bob.com


Quelle: Artikel, Zeitschrift “Deutsche Polizei” Mai 2013

Foto: Logo BOB Saarland

02 Mai 2013

neue Drogen, neue Probleme

Ob man sie nun “Legal Highs” oder  “Research Chemicals” nennt, die zweifelhafte Erfolgsgeschichte der in diesem Blog schon öfters thematisierten “neuen Drogen” geht weiter. Auf einschlägigen Internetseiten werden sie je nach Darreichungsform als Badesalz, Kräutermischungen, Reinigungsmittel oder direkt unter dem Stichwort Research Chemicals verkauft. Im Juli 2012 wurden 28 gängige Legal High-Wirkstoffe den Bestimmungen des BtMG unterstellt, in kürzester Zeit  wurden die Produktpaletten der Händler  angepasst. Das heisst die Wirkstoffe wurden chemisch leicht abgewandelt so dass sie gleich oder ähnlich wirken und nicht mehr verboten sind. Ob bei den Cannabinoiden in den diversen Kräutermischungen, der Gruppe der Cathinone oder den neuen Amphetaminen, es gibt zahlreiche Problemfelder:


Vertriebsweg Internet

Der Jahresbericht 2012 der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht hat spricht von 693 Onlineshops die mindestens einen EU-Mitgliedstaat versorgen, 2011 waren es nur 314 Shops. Die Bestellseiten wirken professionell und seriös, die “Legal Highs” kommen auf dem Postweg. Drogen kaufen wird so einfach wie bei Zalando Schuhe bestellen, entsprechend gering ist die Hemmschwelle es auch zu tun. Dabei verschleiern die Hintermänner ihre digitalen Spuren oder geben sich Ahnungslos. Schließlich schreiben sie ja “Nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt” auf die Verpackung. In Blogs und Foren wird dann die Werbetrommel gerührt und die psychoaktive Wirkung besprochen.



Strafbar oder nicht

Ob in einem Legal High-Produkt ein dem BtMG unterliegender Wirkstoff drin ist, ist sowohl für den Konsumenten als auch für die Polizei schwierig. Es gibt zwar einiges Informationen im Internet (z.B.: http://legal-high-inhaltsstoffe.de/) aber es dauert immer eine weile bis die Inhaltsstoffe neuer Legal High-Produkte analysiert sind. Das gilt auch für die Datenbank die für die Polizei beim BKA geführt wird und über das Polizei interne Portal “Extrapol” eingesehen werden kann. Doch selbst wenn die Inhaltsstoffe bekannt sind. Während mit Verstößen gegen das BtMG wohl jeder Polizist etwas anfangen kann, hat von den Strafvorschriften im Arzneimittelgesetz längst noch nicht jeder Beamte gehört. Dessen Anwendung scheint aber im Kampf gegen Legal High-Produkte unverzichtbar zu werden.



Erkennen von Legal Highs

Nicht nur die Drogen-Schnelltest von Polizei und Justiz stoßen bei den sich schnell wandelnden Stoffgruppen an ihre Grenzen. Wenn nur Nuancen im Stoffaufbau entscheiden ob eine Substanz dem BtMG unterliegt und damit eine Straftat vorliegt wird es selbst für Labore schwierig. Grundsätzlich können die neuen Drogen in Reinform noch mit einem vertretbarem Aufwand identifiziert werden. Schwieriger wird es bei komplexen Zubereitungen diverser Legal High-Produkte oder selbst gemixte Wirkstoffcocktails. Auch bei der Analyse von Blutproben z.B. bei Drogenverdacht im Straßenverkehr, Feststellung von Todesursachen oder medizinischen Notfällen (Intoxikationen), in einem Routinescreening werden insbesondere Substanzen, die erst relativ kurz auf dem Markt verfügbar sind, oft nur in spezialisierten Laboren sicher nachgewiesen.


Festlegung der “nicht geringen Menge” bei Legal Highs

Für Polizei und Staatsanwaltschaft ist bei Drogenbesitz von entscheidender Bedeutung ob es sich nur um eine “geringe Menge” (das verfahren kann dann ohne weiteres eingestellt werden oder “nicht geringe Menge” handelt. Für klassische Drogen wir Heroin, Kokain oder Cannabis sind diese Mengen durch Gerichtsurteile genau bestimmt. Bei den vielfältigen Wirkstoffen in “Legal Highs” fehlen diese vorgaben. Zumal immer der Wirkstoffgehalt der in Frage stehenden Droge  ermittelt werden muss. Dazu ist eine Differenzierung von nicht geringen Mengen für Einzelwirkstoffe, die ein ähnliches Wirkstoffprofil aufweisen, aber allesamt wissenschaftlich wenig bis gar nicht untersucht wurden sehr schwierig. Ein neuer Ansatz könnte hier eine Grenzziehung nach Konsumeinheiten sein, doch auch hier müssten ja messbare Ausgangsdaten (Größe der einzelnen Konsumeinheit) vorhanden sein.


Legal Highs werden mehr und mehr zum Massenphänomen, Wissenschaft, Gesetzgeber, Ermittlungsbehörden, Notfall- und Suchtmedizinern sind gefordert. Die Verfahresweise alle Substanzen gründlich zu Untersuchen und irgendwann ins BtMG aufzunehmen (also zu verbieten) ist viel zu träge. Davon abgesehen das sich ohnehin nicht alles allein durch Verbote regeln lässt. Selbst wenn, wie immer mehr gefordert, in Zukunft ganze Stoffgruppen ins BtMG aufgenommen werden könnten.


Quellen : J. Schäper / F. Scheuer “Legal Highs  kein Ende in Sicht!” in Onlinezeitschrift für Suchtstoffrecht und EBDD Jahresbericht 2012


Foto: © SG - Fotolia.com