Schleierfahndung bezeichnet die Kontrolle von Fahrzeugen, Personen und mitgeführten Sachen ohne dass ein konkreter Verdacht oder Anlass vorliegt. Sie benötigt Eingriffsbefugnisse für Identitätsfeststellung und Durchsuchung und beschreibt deren Anwendung durch Fahnder. Dabei ist die Suchtiefe, also wie intensiv sich z.B. ein Fahrzeug angeschaut werden kann, in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bremen haben aktuell noch keine Rechtsgrundlagen für eine Schleierfahndung. Mecklenburg-Vorpommern erlaubt nur die Inaugenscheinnahme mitgeführter Fahrzeuge. Baden-Württemberg und Hessen erlauben nur eine Identitätsfeststellung. Dabei ist das Wort “Schleierfahndung” in den Rechtsgrundlagen selbst nicht zu finden.
Als Erfinder der Schleierfahndung gilt Gosbert Dölger, der 1995 Polizeidirektor in Aschaffenburg war. Der Begriff wurde dann u.a. vom damaligen bayerischen Innenminister Günther Beckstein aufgegriffen. Andere Bezeichnungen sind “verdachtsunabhängige Kontrolle” oder “lagebildabhängige Kontrolle”. Die Bezeichnungen die man in der Politik für die Schleierfahndung findet, deuten schon an wie die politischen Lager dazu stehen. Gegner, die neben dem linken Lager auch von der FDP kommen, sprechen gerne von “willkürlicher Fahndung”. Das hat natürlich mit der Realität nichts zu tun. Vielmehr ist die Schleierfahndung ein Ausgleich, für die nach Inkrafttreten des Schengener Abkommens weggefallenen innereuropäischen Grenzkontrollen.
Kontrolliert wird häufig nach dem was man “Bauchgefühl” nennt. Eine schwer zu erklärende Mischung aus Hinweisen aus regionalen oder fachspezifischen Lagebildern, aktuellen Erkenntnissen und viel Erfahrung. Dies Kontrollen haben nichts mit “Willkür” zu tun, Fahndung ist moderne und menschliche Polizeiarbeit. Ich habe die Erfahrung gemacht dass von einer Kontrolle betroffene Bürger, bei einem respektvollen Auftreten und dem rechtssicheren erläutern der Maßnahme "Schleierfahndung" sehr positiv gegenüber stehen. Man muss ihnen aber erklären dass sie eben nicht verdächtig sind.
Die zahlreichen Erfolge gerade im Bereich der Grenzüberschreitenden Kriminalität, zeigen wie sinnvoll und notwendig ein Instrument wie die Schleierfahndung ist. Unzählige Delikt aus bei der Betäubungsmittelkriminalität, der internationalen KFZ Verschiebung und des Menschenhandels wären ohne Schleierfahndung unentdeckt geblieben. Leider konnten man sich bei der heute in Dresden zu ende gegangenen Innenministerkonferenz noch immer nicht auf eine bundeseiheitliche Regelung zur Schleierfahndung einigen. Anscheinend trauen einige Innenminister ihren Fahndern nicht die nötige rechtsstaatliche Intuition zu. Ich bin aber überzeugt dass die Schleierfahndung im beschlossenen “Musterpolizeigesetz” ihren Platz finden wird.
Quellen
Foto: Logos verschiedener Fahndungsgruppen, aufgenommen beim 22. Fahndertreffen am 07.06.2017