20 Mai 2018

Umzug zu Facebook

Vielen Dank für fast 250.000 Seitenaufrufe! Leider fehlt mir die Zeit diesen Blog in einer wünschenswerten Qualität weiterzuentwickeln und den neuen Datenschutzreglungen Rechnung zu tragen. Daher wird dieser Eintrag hier, der Letzte an dieser Stelle sein. Die Inhalte werde ich aber bis auf weiteres aber Online lassen. In etwas kleinerem Umfang werde ich bei Facebook auch weiterhin zu den Themen Rauschgiftkriminalität und Drogenpolitik schreiben.

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Foto: naito8

04 April 2018

Vollrausch

Beim Vollrausch handelt es sich um einen so genannten "Auffangtatbestand" im Strafgesetzbuch (StGB). Dieser greift immer dann, wenn jemand eine Straftat begeht, für die er nicht bestraft werden kann, weil er Aufgrund eines Rauschzustandes schuldunfähig ist. Diese Schuldunfähigkeit ist im § 20 StGB beschrieben, dort heisst es: "Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln". Aufgrund des dem Strafrecht zugrundeliegenden Schuldprinzips können Täter, die schuldlos handeln, nicht bestraft werden.

Das bedeutet, der Täter der sich zudröhnt (egal ob mit legalen oder illegalen Drogen) kann sich auf eine "tiefgreifenden Bewußtseinsstörung" berufen und nicht oder zumindest nur mit geringerem Strafmaß bestraft werden. Am einfachsten erklärt sich das am Rausch durch Alkohol. Hier wird im Allgemeinen ab 2,0 Promille eine verminderte Schuldfähigkeit angenommen, bei Tötungsdelikten ab 2,2 Promille. Von der "richtigen" Schuldunfähigkeit spricht man ab 3,0 Promille, bei Tötungsdelikten wegen der höheren Hemmschwelle im Allgemeinen ab 3,3 Promille. Um die Straftaten, die von Tätern ausgehen, die sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen Rausch versetzt haben sanktionieren zu können, wurde am 24. November 1933 der Tatbestand des Vollrausches eingeführt. Dort heisst es im § 323a StGB :

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. 

Umstritten ist noch der Fall, indem sich Täter bewusst nur deshalb berauschen um Straftaten ungestraft begehen zu können, die "vorverlegte Schuld" oder auch "actio libera in causa" (a.l.i.c) . Hiervon spricht man wenn drei Vorausetzungen erfüllt sind. Ein Sichversetzen in die Schuldunfähigkeit, Begehung einer Straftat in diesem Zustand und der Täter muss beides vorsätzlich machen (sogenannter Doppelvorsatz). Ist der Vorsatz also schon im Zustand der Schuldfähigkeit gegeben, kann die Bestrafung (trotz Rauschzustands) nach der normalen Strafnorm im StGB und nicht nach § 323a Vollrausch erfolgen.

14 März 2018

11 Fakten zu Fentanyl

1.) Fentanyl wurde 1960 von dem belgischer Chemiker Paul Janssen entwickelt. Es ist ein synthetisches Opioid, das als Schmerzmittel in der Anästhesie (bei Narkosen) sowie zur Therapie akuter und chronischer Schmerzen bei Erwachsenen und Kindern (ab 2 Jahren), eingesetzt wird. 

2.) Fentanyl “N-(1-Phenethyl-4-piperidyl)-N-phenylpropanamid “ steht in Anlage III des deutschen Betäubungsmittelgesetz, es ist somit verkehrs und verschreibungsfähig. Auch im Schweizer Betäubungsmittelgesetz und im österreichische Suchtmittelgesetz ist die Droge gelistet. 

3.) Der Grenzwert zur “nicht geringen Menge” wurde vom OLG Nürnberg, Urteil vom 29.04.2013 - 1 St OLG Ss 259/12 (zit. nach juris) auf 75 mg (Wirkstoffgehalt) festgelegt. Grundlage hierfür war eine Vergleichsbetrachtung zu Heroin. Eine „durchschnittliche Konsumeinheit“ konnte nicht festgelegt werden. 

4.) Fentanyl tritt häufig als weißes Pulver oder in Pillenform auf. Der größte Teil kommt unter Namen wie "Cleaning Powder", "White Powder" oder "Pearl Powder White" aus China. 

5.) Für die Herstellung von vielen tausend Einzeldosen sind nur sehr geringe Mengen erforderlich , es kann also problemlos versteckt und transportiert werden. Das macht Fentanyle zu einem Problem für Polizei und Zoll, für die organisierte Kriminalität aber zu einer attraktiven Ware. 

6.) Fentanyl wirkt vorwiegend stark schmerzlindernd (analgetisch) und beruhigend (sedierend). Es ist etwa 120-mal so potent wie Morphin. Während die Wirkung an sich stärker ist, ist die Wirkdauer aber kürzer. Es imitiert in etwa die Wirkung von Heroin. 

7.) Zwischen 2009 und 2016 wurden in Europa 25 neue synthetische Opioide entdeckt (darunter 18 Fentanyle). Anfang 2017 nahm die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) Risikobewertungen von zwei Fentanylen (Acryloylfentanyl und Furanylfentanyl) vor, nachdem mehr als 50 Todesfälle im Zusammenhang mit diesen Substanzen gemeldet worden waren. 

8.) Besonders das vom Fentanyl abgeletete (Derivat) Carfentanyl sorgt in der Drogenszene seit einiger Zeit für furore. Die Substanz wird im Gegensatz zu anderen Fentanyl-Derivaten nicht in der (Human-)Anästhesie eingesetzt, sondern in der Veterinäranästhesie zur Betäubung großer Wildtiere wie z. B. Löwen, und Eisbären. Dabei wirkt Carfentanyl 10.000 mal stärker als Morphium, bereits 2 mg können für einen Menschen tödlich sein. 

9.) Carfentanyl wirkt bei einer Dosis von etwa 1 bis 2 µg schmerzausschaltend und behindert die Funktion des zentralen Nervensystems. Höhere Dosen wirken zunehmend einschläfernd. Bei Dosen von 50 bis 100 µg werden die Symptome verstärkt und es kommt zu Bewusstlosigkeit und Atemdepression (Verlangsamte Atmung und Sinken der Atemfrequenz). 

10.) Auch die USA haben massive Probleme mit den Opioiden. Laut US-Drogenbehörde (DEA) starben 2013 allein im Bundesstaat Ohio 92 Menschen an einer Überdosis illegalen Fentanyls. Ein Jahr später waren es mit 514 fast sechs mal so viele. In den gesamten USA starben 2014 mindestens 28.000 Personen an einer Überdosis Opioide. Davon ließen sich knapp 5500 Tote auf Fentanyl zurückführen. 

11.) Am 21.04.2016 stirbt US-Popstar Prince wegen einer Überdosierung des Schmerzmittels Fentanyl. Die Gerichtsmedizin im US-Bundesstaat Minnesota schlossen einen Suizid aus und sprach von einem "Unfall". Prince hatte sich selbst "versehentlich" eine zu hohe Dosis des synthetischen Opiat verabreicht. 

Foto: Clewiston Police Department (Dosis von Heroin, Fentanyl und Carfentanyl, die notwendig ist, um einen durchschnittlichen Erwachsenen zu töten)


Quellen: